Lebenstanz (Januar 2002)
Schon wer die bunten CD-Hüllen aus unlackiertem, holz- und chlorfreiem
Naturpapier aufschlägt, findet sich in einer Welt wieder, die sich
aus Märchen, ethnografischer Sorgfalt und musikalischer Neuerfindung
zusammensetzt. Paul Hoorn, Kopf des Blauen Einhorns, geht in den Booklets
liebevoll allen Liedern auf den Grund, transkribiert darin
Texte sogar aus dem Russischen oder Hebräischen. Auf Tonträgern
wie auch bei Live-Auftritten sorgt die Band allerdings nicht mit rauscharmer
Musik für den digitalen Hörgenuss. Wenn Hoorn Akkordeon und Trompete
gleichzeitig spielt, Michael Burkhardt den Kontrabass brummen lässt,
Andreas Zöllner zur Gitarre greift und dessen Bruder Dietrich sich
eine Geige vor den Bauch schnallt, dann klingt das wie eine raue, bluesige
Zusammenkunft fahrender Gesellen. Dazu tritt die erdene, manchmal wohlig
brüchige Stimme von Paul Hoorn, der sich nicht davor scheut, in acht
verschiedenen Sprachen zu singen. Und weil dabei unüberhörbar
das deutsche Idiom abfärbt, sind die Interpretationen argentinischer
Tangos oder französischer Chansons keine Cover-Versionen, sondern eigentümliche
Fast-Originale. Mit den mannigfachen Einflüssen hält es die Band
wie beim Zubereiten von Eintöpfen:
"Am liebsten essen wir solche, deren Rezept niemand kennt, weil es
selbst der Koch schon
wieder vergessen hat. Und viel Knoblauch muss drin sein." Na dann,
guten Appetit!
Roman Rhode
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